Montag, 19. Juni 2017

Emotionales Wiedersehen...Teil III Big Foots Story


Weißt du noch der Ort wo ich auf dich gewartet hab' ?
Wow, ein Jahr nicht gepostet. Und ich könnte jetzt sagen, dass es daran lag, dass mein Laptop kaputt war(war er wirklich), aber eigentlich habe ich nicht gepostet, weil ich Angst hatte das zu sagen was ich gleich sage. Angst davor, anders angeguckt zu werden, es nicht mehr rückgängig machen zu können, Familie zu enttäuschen. Aber es ist keine Schande, es ist die Wahrheit und die habe ich mir nicht ausgesucht. Aber wo waren wir stehen geblieben...

Wenn ich an die Nacht zurückdenke in der ich wieder in der Station ankam, bekomme ich auch heute nach fast 5 Jahren noch Gänsehaut. Es war so gegen 01:00 nachts als wir in Tasagil ankamen. In die Zwinger gehen war keine Option mehr, denn dann hätten die Hunde alle angefangen zu bellen und die Nachbarn hätten sich beschwert. Aber wir waren so aufgeregt, dass wir uns noch auf die Terasse im ersten Stock setzten und über all das redeten was wir vor hatten in den nächsten Wochen...die wildesten Pläne.
Doch eine Hundedame hörte nicht auf zu bellen seit wir angekommen waren, Shania, der kleine Zwerg den wir mit der Flasche als einzige aus ihrem Wurf durchgekiregt haben als ich das erste Mal dort war. Nur war sie jetzt eine große, prächtige, wunderschöne Kangal-Mix-Hündin mit entsprechender Stimme. Also machten wir den Baustrahler an, der den Zwinger von oben bestrahlte wenn nötig, um gucken zu können, ob irgendwas los ist. War es nicht, also rief ich ihr zu sie solle ruhig sein.
Und dann erhob sich neben den 3 kleinen, ziegelroten Betonhütten ein Häufchen, ein schwarz weißes Häufchen. Und da schaute mich von da unten mein Big Foot an und für einen Moment konnten wir es beide nicht glauben und ich verspürte so viel Glück. Und dann stand er auf und fiepte, wedelte und fiepte und hörte nicht mehr auf. Mir kamen die Tränen vor Freude, gänsehaut am ganzen Körper, hatte ich doch Angst dass er mich vielleicht vergessen hatte. Es war so hart in diesem Moment nicht einfach runterzurennen und ihn in den Arm zu nehmen. Das musste bis zum nächsten Morgen warten. Aber denkt mal nicht, dass lange ausgeschlafen wurde. Sobald es hell war, war ich unten und es war so ein emotionales, schönes Wiedersehen. Ich habe glaube ich noch nie jemanden so festgehalten wie Big Foot an diesem Morgen. Ich weiß noch wie ich seinen Herzschlag neben meinem gespürt habe. Er hat mich danach keinen Schritt mehr alleine gehen lassen. Wenn ich in den Nachbarzwingern Futter verteilte, stand er daneben und wartete, bis ich wieder rauskam. Aber ich denke man sieht es auch auf den Bildern. Er hatte in der Zeit unglaublich abgebaut. 
Ich war wütend, enttäuscht aber am meisten tat mir das Herz weh ihn so sehen zu müssen. Für mich war klar, dass ich ihn dort nicht weiter lassen würde also zog ich nach einer Woche mit ihm um in eine andere Auffangstation. Dort konnte er mit im Haus leben und konnte in den Garten wann immer er wollte.

Ich habe im letzten Beitrag geschrieben, dass er mir das Leben gerettet hat. Damit meinte ich nicht, dass er mich nur in meine richtige Richtung gedreht hat. Ich meine das wortwörtlich.
Der Besuch in der Auffangstation sollte mein letztes Hurra werden. Ich konnte und wollte nicht mehr. Mein Kopf war so so laut. Ich hatte 10 Jahre lang das Gefühl in meinem Kopf würde Krieg herrschen. Es war nie leise. Ich hatte mir eine  laute, extrovertierte, bunte, starke Fassade aufgebaut, nichts von all dem Inneren kam nach draußen, hätte es mich ja angreifbar gemacht und ich war zerbrechlich. Es hat keiner gesehen, weil ich nicht wollte, dass es jemand sieht, weil es hässlich war und wer sollte das schon verstehen? (Wie man dann halt so denkt...) Aber es hat mich immer weiter aufgefressen, immer mehr Kraft verlangt, Kraft die ich nicht hatte. Jahrelang habe ich mich in den Schlaf geweint bis ich keine Luft mehr gekriegt habe und vor Erschöpfung eingeschlafen bin. In Wirklichkeit hatte ich zu kaum jemandem echtes Vertrauen, war sehr misstrauisch, hatte Angst vor fremden Menschen und Veränderung und vorallem vor mir selber. Denn wenn jemand dich richtig auseinandernehmen kann, ist es dein eigener Kopf, der weiß welche Knöpfe zu drücken sind.
Big Foot hat all das auf den ersten Blick gesehen und ich wusste, dass er es gesehen hat, als erster, alles und auf einmal, bis auf den letzten hässlichen Zentimeter.

Fortsetzung folgt...

(Mir geht's jetzt sehr gut, keine Sorge. Aber wie wir dahin gekommen sind, ist noch ein langer Weg. Da müsst ihr euch noch etwas gedulden <3 )

Sonntag, 5. Juni 2016

Und so einfach ist es gar nicht...Big Foots Story Teil II

Big Foot 2016 Berlin
Wenn ich heute zurück schaue welcher Weg hinter uns liegt und, dass wir heute seit über 3 Jahren dort sind wo ich es mir nie erträumt habe zu sein, emotional und mit Big Foot... Aber trotzdem erinnere ich mich noch sehr genau daran wie steinig und schwierig der Weg war, trotz der starken Bindung...
Aber zurück zu dem Punkt an dem wir aufgehört hatten.
Es war nicht so, dass ich gesagt habe "Okay, ich mag den Hund, der Hund mag mich, den nehme ich jetzt einfach mit". Sehr lange habe ich gegrübelt, ob es das Richtige ist, ob ich dem Hund damit einen Gefallen tue. In der Zeit bin ich den Tierschützerinnen dort glaube ich unheimlich auf den Keks gegangen mit dem Thema, weil ich unbedingt ihre erfahrene Meinung dazu haben wollte. Denn eins wusste ich auch, nach der Schule würde es für mich nach Berlin gehen. 
Eine von ihnen, die wundervoll taffe Anne, hatte selber 5 Kangals. Und auch wenn Big Foot kein reinrassiger ist, so war für alle dort sofort klar es steckt einer mit drin. Und das stellte sich dann auch im Gespräch mit den Dorfbewohnern heraus. Denn wir hatten gefragt, ob jemand wüsste wem der Hund gehört (er gehörte niemandem). 
Dann stellte sich natürlich die Frage, kann man einen Hund der so lange auf der Straße aufgewachsen ist, so eine brisante Mischung(Jagdhund-Herdenschutzhund) wirklich mit nach Deutschland, nach Berlin nehmen? Als Außenstehender würde wahrscheinlich alles "NEIN" schreien, und dessen war ich mir durchaus bewusst und das war auch genau das was mich so lange hat zögern lassen und weshalb mir die erfahrenen Meinungen der Mädels vor Ort so wichtig waren. 
Am Tag des Abschieds 2012 Türkei
Ich erinnere mich noch an einen Abend an dem ich mit Big Foot auf mir drauf auf der Liege lag und wir alle gemeinsam den Sonnenuntergang anschauten, und eine Tierschützerin sagte:  
"Ganz ehrlich Janine, der würde mit dir auch unter der Brücke leben!"
Und Recht sollte sie behalten(wenn es auch nicht die Brücke wurde, aber für Big Foot war es tatsächlich egal wo wir wohnten).
Besonders mit Anne hatte ich viel über das Thema gesprochen, weil sie mir eben auch die möglichen Komplikationen aufzeigte, aber auch sie war Pro . Tja und dann nach langem hin und her, war die Entscheidung gefallen. Wenn Big Foot will und bleibt, wird er ein Hauptstadthund.  Wenn er zwischenzeitlich wieder geht, dann soll es so sein. Ihm ging es nicht um Futter, denn das gab es vorher dort auch schon für ihn, trotzdem ging er immer wieder lange Zeit weg. Mir fällt es heute noch manchmal schwer zu glauben, dass dieser wundervolle Hund sich ausgerechnet mich ausgesucht hat und mir so das Leben gerettet hat und mein Leben und mich selbst um 180° gedeht hat.

Nachdem die Entscheidung gefallen war, kamen die nächsten Hürden.
So einfach ist es eben gar nicht einen Hund aus der Türkei mit nach Hause zu nehmen, jetzt mal nur von den Vorschriften gesprochen. Die Türkei gehört nicht zur EU und unterliegt deshalb strengen Auflagen zur Einfuhr nach Deutschland. So zum Beispiel die Pflicht des Titernachweises für Tollwut, heißt es müssen Antikörper gegen den Tollwutvirus laboratorisch im Blut nachgewiesen werden und die dürfen einem bestimmten Wert nicht unterliegen. Das gilt dann quasi als Nachweis für die erhaltene Tollwutimpfung. Dieser Test muss 3 Monate alt sein, damit der Hund ausreisen darf.

Uff, wie machen wir das jetzt? Drei Monate konnte ich nicht am Stück dort bleiben, oder ich hätte meine Abiturausgabe verpasst(Ich sitze hier gerade und muss grinsen, weil es mir jetzt so redundant erscheint, aber damals war das natürlich eine große Sache für mich). Für mich kam nicht infrage diesen wundervollen Hund in einen Zwinger zu sperren, nur damit ich sicher sein könnte, er wäre noch da wenn ich es will. Also sprach ich mit der Besitzerin der Auffangstation und sie stimmte zu ihn draußen mit den anderen Hunden von ihr, seinem Rudel, zu lassen. So konnte er gehen wann immer er wollte.
Big Foot und ein Teil seines Rudels (vlnr):Muffin, Moppel, Big Foot, Blacky


Aber das tat er nicht, er blieb. Und dann kam irgendwann der Tag der Abreise...Es war so schwer. Keiner wusste ja, ob er wirklich noch da sein würde, wenn ich in anderthalb Monaten wiederkommen würde(denn ich hatte geplant direkt nach der Zeugnisausgabe wiederzukommen). Diese Ungewissheit war so furchtbar, aber ich muss sagen ich wurde gut up to date gehalten als ich wieder in Deutschland war. Nichtsdestotrotz war es eine Mischung aus Sorge, Angst, Hoffnung und Vorfreude...Es waren anderthalb Monate auf heißen Kohlen. Vorallem weil es zwischenzeitlich nochmal wirklich brenzlig für sein Leben wurde...
Denn in meiner Abwesenheit kam es warum auch immer zu Schussvorfällen. Ein Nachbar hatte mehrfach auf Big Foot und sein Rudel geschossen und drohte sogar sie zu töten, weil er der Meinung war Flecky(eine Staffhündin aus seinem Rudel) hätte Hühner geklaut. Darüber wurde ich sofort informiert und erhielt hier in Deutschland einen halben Herzinfarkt... Dann haben wir darüber gesprochen wie agiert werden würde diesbezüglich, frei rumlaufen war keine Option mehr. Also kam Big Foot zwei Wochen vor meinem nächsten Besuch in einen der großen Ausläufe um ihn zu schützen. 
Meine Intuition war richtig, er litt sehr darunter...

Fortsetzung folgt...

Mittwoch, 1. Juni 2016

Und plötzlich war er da... Big Foots Story TEIL I

Big Foot 2016
Sind sie das nicht alle? Ganz besonders? Die Antwort ist ja. Aber die meisten von euch werden das kennen, dieses eine Gefühl zu einem Tier, ganz besonders, schwer in Worte zu fassen, warm und wie ein silberner Faden der zwei Seelen miteinander verbindet, für immer. Seelenhunde werden sie deshalb wohl genannt.  
Und ja, so war es bei uns auch. Ich erzähle euch jetzt unsere Geschichte bis zum heutigen Tag, roh, unbeschönigt und ehrlich. Die wenigsten kennen die ganze Geschichte, hatte ich doch oft Angst verurteilt zu werden. Das ist jetzt nicht mehr so, denn Dank Big Foot weiß ich heute wer ich bin und ich schäme mich dafür nicht mehr, denn es gibt keinen Grund.

WIE ALLES BEGANN
2012 nach meinem Abitur reiste ich in die Türkei um in einer Auffangstation für Straßenhunde zu arbeiten, das war schon mein Traum seit ich in der Jugendgruppe unseres Tierheims aktiv war. Circa 40 Hunde waren dort und alle fand ich sie toll, aber ich wollte keinen mit nach Hause nehmen, war die Zeit doch eigentlich so ungünstig. 
Morgens sahen wir oft große Pfotenspuren im Sand die zu keinem der Hunde die draußen frei liefen gehören konnten. Wir scherzten immer: "Guck mal, Big Foot war wieder da"...tja und so hatte er seinen Namen schon weg bevor es zu den Spuren ein Gesicht gab.
Und plötzlich war er da: Big Foot, Türkei 2012
An einem für türkische Verhältnisse kühlen Morgen als ich noch schlaftrunken die Hunde draußen fütterte , war er dann plötzlich da. Und er war gleich so richtig DA, voll präsent, eine Wahnsinnsausstrahlung, die Ruhe selbst und charmant wie eh und je, das gesamte Draußen-Rudel um sich geschart wie eine Ansammlung "Bewunderer". ;)
Big Foot mit einem Teil seines türkischen Rudels Chichi und Muffin, 2012 Türkei
Nicht wirklich gut genährt, zwei riesige Narben im Gesicht, direkt unter dem linken Auge und unkastriert, beschlossen wir ihn dann wenigstens mitzufüttern und dann kastrieren zu lassen. Uns war aber wichtig einen freien, wild aufgewachsenen Hund nicht einzusperren und ihm einen Lebensstil aufzuzwingen den er womöglich nicht will, nur weil man als Mensch der Meinung ist, ein Leben auf der Straße wäre nicht lebenswert. [Und um mal kurz abzuschweifen, in meiner Zeit im Auslandstierschutz bis heute habe ich einige Hunde gesehen, denen man damit alles andere als einen Gefallen getan hat sie 'einzusperren' und nach Deutschland zu schaffen; in ein Umfeld wo Dinge von ihnen abverlangt werden von denen sie bis dato noch nie etwas gesehen haben, wo alles was sie bisher in ihrem Leben gelernt haben plötzlich wertlos ist, sie plötzlich in allem eingeschränkt sind, sich nicht frei bewegen können und häufig misverstanden werden. Für viele Hunde ist es sicher toll, aber längst nicht für alle]

Also blieben die Türen stets offen, das Futter konnte draußen gefressen werden und einen Zaun gab es ja sowieso nicht. Er konnte also kommen und gehen wann er wollte. Aber er wollte nicht... Nach unserem Aufenthalt hörten wir dann, dass Big Foot bereits vorher schonmal die Station für ein-zwei Tage besucht hatte, aber immer wieder gegangen sei und sich lange hat nicht blicken lassen. 
Diesmal war es anders. Er ging nicht mehr, folgte mir auf Schritt und Tritt, und dieser Blick, immer dieser tiefe, wissende Blick mit dem Versprechen alles würde gut werden... Er hatte sein Lebensprojekt gefunden: mich...


Fortsetzung folgt...

Dienstag, 24. Mai 2016

 
Was ist "The Big Foot Way"?

Startposts sind immer schwierig irgendwie, oder? Man hat Bücher voll zu erzählen, aber wie fängt man an? Vielleicht so...
Worum geht es auf dieser Seite, wer sind wir, wer ist Big Foot und was ist 'sein Weg'?
Erstmal zum Namen der Seite: Big Foot ist mein Hund, Deutsch Kurzhaar, Kangal und irgendwas anderes, 5 Jahre alt und der Leithund meines Rudels. 2011 und 2012 habe ich mehrere Monate in einer Auffangstation für Straßenhunde in der Türkei gearbeitet und bei meinem zweiten Besuch, lief Big Foot mir dann zu (damals war er anderthalb) und ging nicht mehr. Big Foot brachte mir seine Art und Weise, seinen Weg, wie man ein Rudel führt, aber vorallem bei wie man richtig lebt und was wirklich zählt, wie man glücklich wird... 
Seither habe ich immer Pflegehunde aus dem In- und Ausland, Deutschland, Rumänien, Ungarn, Türkei, Spanien, Italien...für uns ist das Herkunftsland nicht relevant. Wer Hilfe braucht, bekommt Hilfe. Und darum geht es hier, um den Weg den wir gegangen sind um hierher zu kommen, den den wir täglich erleben und den den wir noch gehen wollen. Nach und nach werdet ihr hier über jeden Pflegehund einen Bereich finden der seine Geschichte und unsere gemeinsame Zeit beinhaltet, aber natürlich auch Beiträge über meine 2 anderen Hunde Abby und Cassim. Cassims Geschichte ist sehr besonders und emotional, dafür werde ich wohl noch eine Weile brauchen.

Auch möchte ich hier für Menschen die mit dem Gedanken spielen auch Pflegestelle zu werden oder sich einen Hund aus dem Ausland anzuschaffen ein wenig schreiben, die Angst nehmen, aber auch mögliche Komplikationen aufzeigen, einen Guide für die ersten Tage und wie man einen neuen Hund am besten in das eigene Rudel integriert und gerne teile ich mit euch dann auch das was Big Foot mir beigebracht hat, denn glaubt mir, wenn einer ein Rudel führen kann, dann er, denn das ist auch das was er in der Türkei gemacht hat.